Da bin ich wieder, weltwärts gewandt nach dem nassen Winter,
in dem ich kaum geschrieben, aber viel Italienisch und interessante Leute
kennen gelernt habe.
Eine von ihnen hat direkt eine Lesung für mich
organisiert, in ihrem Salon am Campo de‘ Fiori. Danke, Anke!
Rom ist immer noch eine schöne und immer noch eine
anstrengende Stadt: im Winter bricht der Himmel auseinander und schüttet so
lange Wasser aus, bis auch ich davon überzeugt bin, dass hier Afrika beginnt –
wenn nämlich der Verkehr zum Erliegen kommt.
Warum?
Weil es regnet.
Das ist so
in Entwicklungsländern, Gullis verstopft, Unterführungen überschwemmt, stop and
go über 20 km hinweg….
Und im Sommer schwärmen die Touristen und die Motorinofahrer
aus, verstopfen die Straßen und strapazieren meine Sinne und meine
Reaktionsfähigkeit. (Immer wieder erstaunt mich das Vertrauen, das die
Motorradfahrer in mich setzen, wenn sie in haarigen Situationen – gleichzeitig!
– von rechts und links an mir vorbeipreschen. Wissen sie denn nicht, dass ich
mir zum Schutz meiner Nerven bereits in Libyen abgewöhnt habe, in die Spiegel
zu schauen?)
Trotzdem genieße ich Italien, genieße es, zu beobachten, ohne
selber so sehr im Fokus zu stehen, wie das die ganzen letzten Jahre (als großgewachsene hellhäutige Frau) in arabischen oder afrikanischen Ländern nun mal der Fall war.
Ich genieße das Reisen. Und wenn ich eine so morbid-schöne, bis zum Erbrechen
mit Menschen gefüllte Stadt wie Venedig wieder verlasse, genieße ich es auch,
wieder in Regionen zu kommen, in denen der Latte Macchiato 1,30 statt 13 Euro
kostet und etwas vom normalen Italien jenseits der Inszenierung durchschimmert.
Gutes Essen, zum Beispiel, gibt es in jeder Trattoria abseits der Straße. Das
Lokal neben der großen Autobahnbaustelle, in der fast nur Arbeiter verkehren?
Serviert Pasta mit Trüffel! Allerdings auch unerwartet heitere Momente, als es
versucht, sich kosmopolitisch zu geben. An der dreisprachigen Speisekarte hat
sich offenbar jemand mit Internet-, nicht jedoch mit Sprachkenntnissen
ausgetobt, deshalb bietet sie Nudeln mit Erbsen und Beidrehen an, ferner Nudeln
mit Schinken und Beidrehen oder mit Pilzen und Beidrehen. (Auf Italienisch:
Pappardelle con piselli e panna, con prosciutto e panna, con funghi e panna).
Wie kommt man dazu, Herr im Himmel, panna, also Sahne, mit Beidrehen zu
übersetzen? Ich schaffe es nicht, meine Bestellung aufzugeben, weil Lachtränen
mir Mascara in die Augen reiben und den Blick vernebeln. Das Weiterblättern
macht es auch nicht besser: Risotto con funghi wird dort mit „Lachen“
übersetzt, gleich zweisprachig, Lachen mit Pilzen oder laughing with mushrooms.
Nun ist es aus mit mir, ich kreische vor Vergnügen, liege japsend auf dem
Tisch, „Mama, du bist peinlich“ „Du bist ja ganz rot im Gesicht!“ „Dir läuft
die Schminke runter!“, rufen meine Töchter.
Wieder zurück in Rom trete ich meinen Nebenjob in der Herder-Buchhandlung am
Vatikan an, wo ich vom Panoramafenster (in Ruhe!) die Touristen auf dem
Petersplatz beobachten kann. Sehe, wie sie stundenlang Schlange stehen, um in den Dom zu
gelangen. Wie sie anschließend wieder warten, bei Nieselregen säuberlich aufgereiht am großen Taxistand des Piazza Pio, da in Rom beim ersten Anzeichen von grauen Wolken kein Taxi mehr aufzutreiben ist, und stolz die wichtigste antrainierte Touristentugend beweisen: Geduld.
Die Süße des italienische Lebens wird eindeutig überbewertet.
Oder vielleicht wird das Vergnügen des Reisens in
Zeiten des Massentourismus überbewertet?
Und, das Wichtigste überhaupt, das Wichtigste zum Schluss:
Ich habe mein Kinderbuch veröffentlicht. „Marissa. Abenteuer in Marokko“ ist ein Märchen für Kinder ab 8 Jahren. Erhältlich über Amazon, auch in Italien. Das wunderschöne Cover stammt übrigens von Brigitte Stühler.
Und jetzt widme ich mich tatsächlich wieder dem
Schreiben. Und dem Sommer.
Ciao, baci da Roma.